Eine Dokumentation über den Schiefen Turm von Staßfurt



 Am 25. Mai 1469 wurde mit dem Bau der St. Johannis-Kirche begonnen, sie trat an die Stelle einer älteren kleineren Kirche.
Der Bau der Kirche kam durch Geldmangel bereits nach wenigen Jahren zum Stillstand - wurde dann mit Ablaßgeldern weitergeführt und 1484 beendet. Von den zwei Türmen wurde der Südturm mit einer steinernen Galerie pyramidalen Spitze (mit Turmwächterwohnung) und einer Sandsteinrose vollendet. Der Nordturm blieb unvollendet - er erhielt ein Satteldach. An die Türme schloß sich eine spätgotische dreischiffige Halle mit Chorpartie an.

Auch das Innere der Kirche wurde nicht nach ursprünglichen Plänen abgeschlossen. Eine flache Holzdecke ersetzte die geplanten Gewölbe. Zur Ausstattung gehörte u.a. ein Flügelaltar - ein spätgotisches Meisterwerk aus einer Brüsseler Werkstatt. Nach 1650 erhielt das Kircheninnere von der Pfännerschaft Einbauten im Stil der Renaissance und des frühen Barock. Den herrlichen Flügelaltar kaufte 1688 die Stadt für das Hospital St. Johannis. (Heute Feierabendheim Luisenplatz 9 – Siehe Dehio - 1974- Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler - Bez. Magdeburg S. 386).
In der Kirche St. Johannis wurde ein neuer größerer Altar aus einer Quedlinburger Werkstatt mit 31 lebensgroßen Statuen, vielen kleineren Figuren und Zierrat aufgestellt. Erdsenkungen, verursachtdurch den 1852 begonnenen Salzbergbau in der Nähe der Kirche, führten zum Absinken des gesamten Gebäudes, sowie der näheren Umgebung um 7 m und zu einer Neigung der Kirche nach Nordost. 1884 mußte die Kirche erstmals den Gottesdienst einstellen - 1906 endgültige Schließung und Abriß des Chorteiles. Stützpfeiler wurden angesetzt. Krieg und Nachkriegszeit sorgten für einen weiteren Verfall im Inneren, insbesondere der Orgel. Drei Glocken wurden im Krieg eingeschmolzen.


Der letzte Turmwächter wohnte jedoch zunächst weiterhin in der Spitze des 60 m hohen Südturmes - eine steinerne Wendeltreppe führte im Nordturm aufwärts, und man konnte von der Galerie des Südturmes Staßfurt aus der Vogelperspektive betrachten. Auch die vier Glocken erfüllten noch ihren Dienst.




Erdsenkungen, verursacht durch den 1852 begonnenen Salzbergbau in der Nähe
der Kirche, führten zum Absinken des gesamten Gebäudes, sowie der näheren Umgebung um 7 m und zu einer Neigung der Kirche nach Nordost. Im Bild erkennt man schon die Schieflage des Turms. Im Jahre 1915 hatte der Turm eine Schiefstellung von ca. 1,65 m, gemessen unter dem oberen Hauptgesims, erreicht.
 
 

 

Am 27.05.1948 brannte, durch die leichtsinnige Handlungsweise einiger Kinder, die gesamte Kirche vollständig aus. Durch die große Hitze und weggebrannten Balken brachen Teile vom Kirchenschiff weg, sodass später das ganze Kirchenschiff wegen Einsturzgefahr abgerissen wurde.

So sah der Turm von 1948 bis 1964 aus. Vor dem Abriss war die Neigung des Turmes ca. 4,5 m, bei ca 60m Höhe. Damit war die Schieflage größer als bei schiefen Turm von Pisa. Dieser lag bei einer Höhe 55,8m nur 3,9m aus dem Lot.

Der Turm wurde ab 1964 abgetragen. Eine Sprengung kam aus mehreren Gründen nicht in Frage. Einige Wohnhäuser standen zu dicht an der Kirche. Ein weiterer Grund ist die große Masse des Turmes. Wird er
gesprengt, wird die Masse auf eine größere Fläche verteilt und der Gegendruck aus dem Erdinneren würde zu groß werden. Es entstünden weitere Schäden. Durch das Abtragen wurde die Masse Schritt für Schritt verringert und der Erddruck entspannte sich langsam. Der Abraum wurde am Ende des Neumarktes abgelagert. Trotzdem kam es in der Innenstadt zu vielen Schäden. Einige Häuser mussten abgerissen werden. Diese Flächen konnten en nicht wieder bebaut werden oder nur mit leichten Gebäuden, wie auf dem Sperlingsberg oder am Postring.

So sieht das Gelände heute aus.